Wie viele andere alte Kulturen, hat auch Nepal im Laufe seiner Geschichte eine Fülle von Klingenwaffen hervorgebracht. Diese haben für westliche Augen nicht selten sehr ungewöhnliche Klingenformen wie die Kora mit der nach unten gerichteten gegabelten Spitze und schwertförmige Khukuris. Der Tarwal ist eine in ganz Indien verbreitete traditionelle Waffe, die an einen Säbel erinnert und daher eher bekannt ist, auch unter der Bezeichnung „Tulwar“ oder „Tarwar“.
Daraus lässt sich eine lange Tradition hochspezialisierter Anwendungsformen schließen, die von der landwirtschaftlichen Nutzung bis zum reinen Kampfgebrauch reichen. Das vielseitig einsetzbare traditionelle Gurkha-Messer, das Khukuri, vereint in sich das gesamte Gebrauchsspektrum. Es ist auch die am ehesten aus Nepal bekannte Klingenform. Die nach unten gezogene blattförmige Gestaltung der Klinge erlaubt dem Benutzer das Hauen, Schneiden und Stechen zugleich, wobei die Betonung wegen der Vorlastigkeit der Waffe eindeutig auf dem Hauen liegt. Es sind sehr wuchtige Schläge möglich, welche die Kraft des Benutzers optimal in Wirkung setzen.
Khukuri-Varianten wie das Chitlange oder das Sirupate mit bis zu armlangen Klingen potenzieren diese Schlagwirkung zu einer Power, die bei Hiebwaffen selten zu beobachten ist. Die damit verbundenen Fliehkräfte übersteigen jedoch meist die Möglichkeiten der Anwendung mit purer Armkraft. Zudem ist ein recht kräftiger Griff der Hände nötig, um die Waffe in Hochgeschwindigkeit kontrollieren zu können. Die typische Konstruktion des Griffes eines Khukuris lässt gerade bei schnellen Bewegungen und den damit verbundenen hohen Fliehkräften die Waffe gleichsam mit der Hand verwachsen.
Optimale Kraftentfaltung ergibt sich daher aus einer gut koordinierten Schrittarbeit und der Verwendung der motorischen Möglichkeiten: Bewegung der Füße, flexible Knie, bewegliche Hüfte, mobilisierte Wirbelsäule in Kombination mit lockeren Schultern, Armen und einem harten Griff. Das alles zusammen gut aufeinander abgestimmt lässt die Bewegung mit diesen teils schweren Klingenwaffen leicht, flüssig und dynamisch erscheinen.
In vielen alten Kulturen wird daher diese Bewegungsqualität mit Schwerttänzen trainiert und bewahrt. Dabei wird die Waffe stets in Bewegung gehalten und jeder Schwung wird kämpferisch nutzbar gemacht, um die Bewegungsenergie aus Masse, Geschwindigkeit und Fliehkraft bestmöglich zu verwenden. Starre Positionen, aus denen heraus Techniken durchgeführt werden, um wieder in eine andere starre Position zu kommen, verlieren so ihren Gebrauchswert, kosten nur unnötig Kraft und strapazieren darüber hinaus die Gelenke.
Klingenwaffen aus Nepal zeugen von einer alten Kampfkunst-Tradition, die heute kaum beachtet wird bzw. bekannt ist. Wer jedoch einmal einen Hindu-Schwerttanz gesehen hat, erahnt die Anwendung in der kämpferischen Bewegung. Eine Annäherung an diese Bewegungsform erschließt sich zum Beispiel über philippinische Kampfkünste wie Kali, Arnis oder Escrima. Diese Kampfkünste lehren fließende, dynamische Bewegungen und sind heute auch in Europa mit qualifizierten Schulen vertreten.
Fazit: Das kämpferische Bewegen mit traditionellen Waffen aus Nepal kann auch heute in das tiefere Verständnis des Umgangs mit Klingenwaffen allgemein und der nepalesischen Kultur führen. Wer ein Khukuri in den Händen hält, hält uralte Erfahrung des Umgangs mit Klingenwaffen in den Händen. Und es lohnt sich für den interessierten Kampkunstübenden, sich diese nutzbar zu machen.